Bienensterben; Ursachen und Wirkungen!


 

Vorbemerkung

„Bienen sind für das Ökosystem außerordentlich wichtig und damit auch für die Landwirtschaft. Bienen bestäuben etwa 80% der blühenden Pflanzen gratis und auf natürliche Weise!“ (Tonio Borg Verbraucherkommissar der EU). Ein erheblicher Teil unserer Nahrungsmittel würde es ohne Bestäubung durch Insekten nicht geben, wobei die Bestäubungsleistung der Bienen weltweit 265 Milliarden Dollar beträgt (Greenpeace 03/2013).

 

Eine Bestäubung der Blüten von Hand, wie sie z.B. in Gebieten Chinas durchgeführt wird, ist extrem aufwendig, kostenintensiv und für westliche Verhältnisse nicht vorstellbar und auch nicht bezahlbar. Würden die Bienen ausbleiben, wäre die Landwirtschaft besonders davon betroffen, auch weil Futterpflanzen, wie Luzerne und Kleearten ohne Insektenbestübung nicht gedeihen würden. Nicht zuletzt würde Honig zu einem kaum bezahlbaren Luxusgut mutieren. Die Importrate von derzeit 80% des Honigverbrauchs müsste noch weiter ansteigen um den jährlichen Bedarf in der westlichen Welt zu decken.

 

Weltweit schwindet die Zahl der Bienenvölker in den letzten Jahren zunehmend. Das ist unbestritten. Unklar ist noch, wer oder was die Auslöser dafür sind. Aus Forschungsergebnissen wird aber eines immer deutlicher: Es sind verschiedene Faktoren die zusammen wirken und das Bienensterben verursachen.

 

In der Rheinebene zwischen Lörrach und Rastatt sowie in der Region um Freiburg hatte sich das Bienensterben 2008 ausgebreitet.

Davon waren rund 700 Imker mit 11.500 Völkern betroffen. Viele davon hatten ihre Flugbienen verloren. Grund dafür war der in dem Pflanzenschutzmittel „Poncho“ enthaltene Wirkstoff Clothianidin. Das Mittel wird zum Beizen des Maissaatgutes benutzt und haftet nicht immer ausreichend an den Maiskörnern. Bei der Aussaat der Maiskörner werden Stäube freigesetzt die durch den Wind auf blühende Pflanzen geweht werden. Der Wirkstoff wurde nach Berichten der FAZ in hohen Dosen in verendeten Bienen nachgewiesen. Das Pharmaunternehmen Bayer hat mit dem Pflanzenschutzmittel Poncho nach Angaben „Der Welt“, vom 16.06.08 in 2007 ca. 237 Millionen € Umsatz erwirtschaftet.

 

WesentlicheEinflussfaktoren zum Bienensterben

Es gibt aus derzeitiger Sicht und wissenschaftlicher Erkenntnis, 3 Einflussfaktoren die das Bienensterben ganz wesentlich beeinflussen:

  1. Der Klimawandel,
  2. Parasiten und sekundäre Krankheitserreger und nicht zuletzt die
  3. zunehmend industrialisierte Landwirtschaft, mit dem damit verbundenen Einsatz von chemisch-synthetischen Bekämpfungsmitteln (Giften) sowie der dadurch bedingt, fehlenden Pflanzenvielfalt.

1. Klimawandel

Die Auswirkungen des Klimawandels sind für uns alle sichtbar
Die Auswirkungen des Klimawandels sind für uns alle sichtbar

Der Umweltbericht der Vereinten Nationen (UNEP, Geo5) bestätigt, dass mehrere Einflussfaktoren für das Bienensterben ursächlich sind.

 

Zudem, so UNEP, seien in den vergangenen Jahren bis zu 85 % der Bienenvölker Krankheiten  oder der Umweltverschmutzung zum Opfer gefallen. Auch der Klimawandel kann sich negativ auf den genau abgestimmten Lebensrhythmus von Bestäuber und Pflanze auswirken.

 

UNEP Direktor Achim Steiner betont, dass viele Nutzpflanzen auf die Bestäubung von Insekten angewiesen sind. Tatsache sei, dass von 100 Nutzpflanzen, die 90 % der Nahrungsmittel weltweit darstellen, mehr als 70 durch Bienen bestäubt werden.

 


2. Die Varroamilbe

Die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Institute für Bienenforschung kommt in einer Langzeitstudie (2004-2009 mit mehr als 1.200 Völkern) zu dem Ergebnis: Die Parasitierung durch die Varroamilbe ist ein Grund für den Rückgang der Völker während der Wintermonate. Durch den Milbenbefall entstehen Vireninfektionen und dadurch ausgelöste Krankheiten.

Im Ergebnis der Studie lagen die Verluste der Bienenvölker zwischen 4 - 15 %.

 

Ein Bienenvolk mit einem derartig hohen Milbenbefall wie auf diesem Bild hat keine Überlebenschance.

 

Viren der Familie Picorna schädigen die Eiweißherstellung der Bienen und zählen neben dem Flügeldeformationsvirus (DWV) und dem IAPV (Israel Acute Paralysis Virus) zu den besonders schädigenden Viren bei Bienen. Picorna-Viren werden von der Varroamilbe übertragen. Besonders durch die gestörte Eiweißproduktion werden Bienen anfälliger für weitere Krankheiten.

Fazit der Forscher dieser Langzeitstudie ist, dass eine wirksame Bekämpfung der Varroa-Milbe eine wesentliche Voraussetzung für die Überlebensfähigkeit der Bienen im Winter sei. Die Imker sind hier gefordert.

 

Die Forscher fanden unter anderem auch heraus, dass Völker mit jungen Königinnen deutlich höhere Überwinterungschancen haben als mit älteren Königinnen (Die durchschnittliche Lebenserwartung von Königinnen beträgt 5 Jahre, von Drohnen und Arbeiterinnen nur wenige Wochen bzw., Monate). Die genaue Ursache, warum das so sei konnten die Forscher allerdings nicht beantworten

 

 


3.1 Industrialisierte Landwirtschaft

Industrielle Landwirtschaft. Ein Grund für das Artensterben! Pflanzenschutzmittel und Kunstdünger bestimmen diese Wirtschaftsform. Wild wachsende Pflanzen haben hier keinen Platz mehr.
Industrielle Landwirtschaft. Ein Grund für das Artensterben! Pflanzenschutzmittel und Kunstdünger bestimmen diese Wirtschaftsform. Wild wachsende Pflanzen haben hier keinen Platz mehr.

Bienen sind vielfältigen Pflanzenschutzmitteln ausgesetzt, ausgebracht durch die Landwirtschaft. Das wird in einer Studie des „Bee Research Laboratory in Beltsville deutlich (US-Bundesstaat Maryland). Erstmals wurde in dieser Studie klar, dass neben der Zahl der Insektizide, die Konzentrationen der Insektizide, denen die Tiere in der Natur ausgesetzt sind, eine bedeutende Rolle spielt. Die Forscher haben festgestellt, dass sich der Pestiziden-Mix im Durchschnitt aus 9 verschiedenen Wirkstoffen zusammensetzt. Herbizide waren in etwa 25% der Proben, Insektizide und Fungizide in jeder Probe vorhanden. In einer Probe waren sogar 2 Substanzen enthalten, welche die mittlere letale Dosis überschritten hatten.

 

Die mittlere letale Dosis ist die Menge bei der 50% aller Bienen die diese Menge aufgenommen haben innerhalb von 1 bis 2 Tagen sterben.

 

Die Forscher haben zudem festgestellt, dass die Bienen, die den Wirkstoff Pyraclostrobin (Fungizid) aufgenommen hatten, fast dreimal so häufig an Nosema erkrankten wie Bienen die ihn nicht verzehrt hatten. Dieser Wirkstoff ist auch in Europa zugelassen.

Bisher sind für Insekten 7 gefährliche Pestizide bekannt. Drei davon sind Nervengifte und gehören zu den hochgiftigen Neonicotinoiden. Dazu gehören Imidachloprid, Clothianidin einer deutschen Pharmafirma und Thiamethoxam eines schweizerischen Unternehmens.

 

Die europäische Union (EU) hat für diese drei Wirkstoffe den Einsatz verboten. Zunächst für zwei Jahre, allerdings erst ab Dezember 2013. Das Ausbringungsverbot gilt aber nur nur für den Einsatz bei Mais, Sonnenblumen, Raps und Baumwolle.

Insektizide in die Blüte zu sprühen, wie auf diesem Bild ist für Bienen tödlich.

Ab 2014 darf auch ein Produkt der BASF –Fipronil- in der EU nicht mehr zur Be- handlung von Mais- und Sonnenblumen-Saatgut verwendet werden.

Nach Angaben von BASF ist Fibronil seit 1993 in mehr als 70 Ländern auf dem Markt und wird bei mehr als 100 Nutzpflanzen eingesetzt. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) attestiert Fibronil ein hohes Risiko für Honigbienen, wenn es zur Saatgutbehandlung von Mais eingesetzt wird. Durch Abdrift von Fibronilstaub werden blühende Pflanzen benetzt und damit auch deren Pollen, dieser wiederum wird von Bienen gesammelt und verzehrt.

 

Prof. Dr. Randolf Menzel, Neurologe an der Freien Universität Berlin, hat eindeutig nach- gewiesen, dass Neonicotinoide, die keine direkte Tötungswirkung auf Insekten haben, deren Orientierungsfähigkeit und das Kommunikationsverhalten sehr stark beeinflussen. Das bedeutet, dass Honigbienen nach Aufnahme dieser Gifte einfach vergessen wo ihr Bienenstock ist oder wo sich der Futterplatz befindet. Sie finden nicht mehr zurück und sterben dann, möglicherweise an Erschöpfung. Niemand nimmt Notiz davon. Würden zum Beispiel Kühe irgendwo herrenlos tot auf den Feldern liegen wäre das vermutlich ganz anders.

 


3.2 Pflanzenvielfalt

Der großflächig landmaschinengerechte und einseitige Landbau lässt kaum noch Raum für wild wachsende Pflanzen. Auf den Feldern ist nach den blühreichen Frühsommern in manchen Gegenden nur noch Platz für die Farben Grün und Braun!

 

Die Landwirtschaftsministerien der einzelnen Bundesländer fördern die Anlagen von Blühflächen / -streifen (z.B. für großflächig angelegte Maisäcker interessant). Von den potentiellen privaten oder kommunalen Grundstücksbesitzern wird dieser Anreiz jedoch kaum angenommen, obwohl der mögliche Produktionsausfall auf diesen Flächen durch den Förderbetrag finanziell voll gedeckt wäre.

 

Schweizer Forscher der Hochschule für Agrar-, Forst und Lebensmittelwissenschaften in Bern untersuchen, in wie weit sich das fehlende Nahrungsangebot im Sommer (Mitte Mai bis Ende Juli) negativ auf die Bienengesundheit auswirkt. Sie entwickeln Saatgutmischungen aus Buchweizen, Phacelia, Kornblumen, Alexandriner- und Perserklee, Klatschmohn und verschiedene Kleesorten um die Futterlücke zu schließen. Der Versuch läuft noch weitere 2 Jahre. Erste Ergebnisse seien sehr positiv, so die Berner Forscher.


Im Ergebnis einer Studie mit den bislang umfassendsten Auswertungen von Pflanzen-daten aus ganz Deutschland, ist zu entnehmen, dass bei über 70 Prozent von mehr als 2000 untersuchten Arten in den letzten 60 Jahren Rückgänge zu beobachten sind. Und zwar deutschlandweit. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift „Global Change Biology“ vom 14.12.2020 veröffentlicht *).

 

Beteiligt an der Studie waren die Universitäten Jena, Halle und Rostock, das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) sowie das Bundesamt für Naturschutz (BfN) unter enger Beteiligung der oberen Naturschutzbehörden aller 16 Bundesländer. 

  1. Zu den Verlierern zählen demnach insbesondere Arten, die noch vor der Entdeckung Amerikas 1492 durch den Menschen nach Deutschland gelangten. Dazu gehören unter anderem große Teile unserer Ackerbegleitflora, wie die Saat-Wucherblume und der Echte Frauenspiegel, aber auch Arten, wie der Große Klappertopf und der Gute Heinrich.
  2. Dagegen konnten sich, der Studie entsprechend Arten, die nach 1492 Deutschland erreicht haben, ausbreiten. Zum Beispiel das Drüsige Springkraut oder auch das Schmalblättrige Greiskraut.
  3. Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, dass selbst die Zunahme (siehe 2.) die Verluste der Artenzahl pro betrachteter Flächeneinheit nicht ausgleichen konnten.

Prof. Dr. Beate Jessel Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz schlussfolgert daraus: „Es wird einmal mehr deutlich, dass wir in unserem Umgang mit Natur und Landschaft zu einem Umdenken kommen müssen. Denn die in der Studie nachgewiesenen Bestandsrückgänge erstrecken sich über die gesamte Fläche Deutschlands. Das macht deutlich: Wir müssen breit in der Fläche an der Land- und Forstwirtschaft ansetzen, die beide zusammen ja 80 Prozent der Flächen in Deutschland einnehmen. Naturverträglichere Nutzungsformen sind dringend geboten.“

 

Dr. David Eichenberg vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung Halle-Jena-Leipzig sagt dazu: „Die Ergebnisse haben uns in dieser Deutlichkeit wirklich überrascht. Sie zeichnen ein sehr düsteres Bild des Zustandes der Pflanzenvielfalt in Deutschland. Dabei wurde bestätigt, dass die Rückgänge nicht auf die ohnehin seltenen oder besonders gefährdeten Arten beschränkt sind, sondern offensichtlich schon seit längerem ein schleichender Biodiversitätsverlust der Mehrzahl der Pflanzenarten in Deutschland stattfindet.“ 

 

Die Autoren halten es für wahrscheinlich, dass:

  1. der beobachtete Rückgang der Pflanzenvielfalt wesentliche Auswirkungen auf die Biodiversität und die Leistungen von Ökosystemen hat. Aufgrund der oft sehr komplexen Zusammenhänge, zum Beispiel über Nahrungsnetze und Kaskadeneffekte, können derartige Verluste sehr gravierende Auswirkungen haben.
  2. Offensichtlich werden die vielschichtigen Beziehungen bei den Insekten, sowohl in ihrer Vielfalt als auch in ihrer Häufigkeit abnehmen.

*) Medienmitteilung, iDiv-Mitglieder, TOP NEWS, sDiv vom14.12.2020

Autoren: Eichenberg D., Bowler D. E., Bonn A., Bruelheide H., Grescho V., Harter D., Jandt U., May R., Winter M., Jansen F. (2020): Widespread decline in Central European plant diversity across six decades; Global Change Biology.DOI: 10.1111/gcb.15447


Mellifera e.V. möchte dieser Blütenarmut entgegen wirken. Deshalb hat Mellifera zusammen mit dem Deutschen Imkerbund und Naturschutzverbänden 2003 das „Netzwerk Blühende Landschaften“ ins Leben gerufen. Daneben hat Mellifera für Jedermann zur Bepflanzung von Balkons und Gärten spezielle Saatgutmischungen entwickelt, z.B. mit Rosmarin, Astern, Borretsch, Kornblume oder Wicken.

 

Wollen Sie wissen wie Sie den Bienen helfen können, wissen aber nicht wie Sie' s anfangen sollen, dann schauen Sie doch mal auf einer speziellen Seite von Mellifera nach.